
Im Buddhismus lassen sich Gemütszustände in zwei Arten einteilen: kusala und akusala. Erstere (kusala) sind alle Empfindungen, die deinen Geist ruhig und klar werden lassen; stell dir ein Kind vor, das an einem schönen Sommertag im Gras liegt und in die Wolken schaut; es ist mit sich und der Welt zufrieden, glücklich, und total entspannt. Das ist „kusala“.
Wenn du dich kusala fühlst, dann ruhst du in dir selbst und bist glücklich und zufrieden. Das Gegenteil davon ist „akusala“, also vereinfacht gesagt alles, was dich aufregt und dir emotionalen Stress bereitet. Dazu gehören natürlich Angst, Trauer, Wut – aber auch Antriebslosigkeit und Apathie fallen darunter. Warum? Weil du, wenn du apathisch und antriebslos bist, dich wahrscheinlich nicht gerade glücklich fühlst, sondern zum Beispiel niedergeschlagen – und auch das ist eine Form von Stress.
Selbstreflexion: An einem schönen Sommertag im Gras liegen...fallen dir weitere Beispiele ein, um den kusala-Zustand zu beschreiben?
Im Buddhismus nimmt die Lehre von kusala und akusala einen sehr wichtigen Platz ein, denn sie hat indirekt auch mit ethischen und gesellschaftlichen Fragen zu tun. Überlege mal: Ist es wahrscheinlich, dass eine Person in einem Zustand von kusala, also in dem Zustand, wo man glücklich im Gras liegt und in die Wolken schaut, eine Bank überfällt? Wohl eher nicht. Verbrechen werden eigentlich immer in akusala Gemütszuständen begangen. Der altindische König Ashoka, der um 250 v. Chr. sein Land nach den Prinzipien des buddhistischen Dharmas regierte, hat das erkannt und deshalb schon im Altertum unter Anderem umfangreiche Resozialisierungsmaßnahmen für Straftäter eingeführt* ; denn wer sich kusala fühlt, bricht seltener das Gesetz.
Umgekehrt hast du wahrscheinlich auch schon einmal die Erfahrung gemacht, dass es dich „kusala“ macht, wenn du anderen hilfst, oder eine gute Tat vollbringst. Dann freut sich normalerweise nicht nur der Andere, sondern man selbst sich auch. Im Buddhismus gilt deswegen die Logik, dass „kusala“-Gemütszustände direkt mit moralisch „gutem“ Verhalten verknüpft sind (Im Deutschen findet sich in dem Sprichwort „Ein reines Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen“, ein ähnlicher Gedanke!).
Selbstreflexion: Denke an eine Situation zurück, in der du etwas Nettes für eine andere Person getan hast und reflektiere, wie die Freude dieser Person deine eigene Stimmung beeinflusst hat.
Der „achtfache Pfad“, den Buddhisten praktizieren, ist ein Rahmen für eine moralisch gute Lebensweise und „kusala“-förderndes Verhalten. Dies ist nicht nur deshalb wichtig, weil es das Leben angenehmer macht, sondern auch, weil man viel besser meditieren kann, wenn man glücklich und entspannt ist. Die geführten Meditationen, die du in einem Abschnitt weiter unten findest, sind deshalb sowohl erzählerisch als auch klanglich darauf ausgelegt, dich möglichst „kusala“ zu machen, denn so kannst du dich viel besser in die Konzentration versenken.
*Harvey, P.: Introduction to Buddhism: Teachings, History and Practices. Cambridge University Press, Second Edition.